Nicht Fisch und nicht Fleisch

Wir sind jetzt seit Anfang August zurück in Österreich und ich muss ehrlich sagen, die erste Leberkässemmel am Wiener Flughafen war einzigartig.

Auch die nächsten Wochen trieben wir, nach einem Jahr fern von Zuhause, in einer Wolke von Familie, Freunden und gutem Essen und das Beste daran überhaupt - wir hatten seit einem Jahr wieder richtigen Sommer und konnten endlich wieder Sonne tanken. Es war eine herrliche Zeit und ich wäre niemals auf unserer Reise weitergefahren ohne diesen Heimurlaub zu machen. Man kann seine Wurzel, seine Heimat einfach nicht leugnen.

Mit der Zeit merkte ich jedoch, dass meine Aktivitätslust wieder steigt. Ich halte es einfach nicht aus nur in der Sonne zu liegen, verdammt ich muss etwas machen, etwas Produktives natürlich. Ich besorgte mir einen Stoff und begann ohne Nähmaschine, nur mit händisch genähten Kreuzstichen einen Poncho zu nähen. Nett aber als einzige Beschäftigung nicht wirklich erfüllend. Ok Projekt abgeschlossen, was nun?

Was könnte ich noch machen? Als kurzes Intermezzo habe ich begonnen zwei Zimmer in dem Haus in dem wir derzeit zu Gast sind umzuräumen und auszumalen. Dauerte leider nur 2 Tage, und dann hatte ich die glorreiche Idee unseren Eltern bei der beschwerlichen Gartenarbeit zu helfen. Meine Eltern haben einen riesigen total verwilderten Garten, also zum Glück wirklich genug zu tun. Es macht auch richtig Spass nach Monaten nur am Wasser wieder mit Pflanzen und Erde zu schaffen zu haben.

Und parallel zu diesen „Pseudobeschäftigungen“ versuchen wir herauszufinden, ab wann man wieder nach Chile einreisen darf, dieses Land hat nun seit März einen Lockdown und demnach auch ein Einreiseverbot für Touristen.

Wir haben im Wissen, dass es sicher schwierig wird retour einreisen zu dürfen bereits in Chile ein Visum für 1 Jahr beantragt. Das war in Chile schon eine unfassbarer Spießroutenlauf, mit notariellen Beglaubigungen usw.. Bis heute haben wir diese Visum nicht erhalten und entgegen der Hoffnung, dass am 15.10. das Land wieder geöffnet wird, hat die Regierung weitere 90 Tage Ausnahmezustand verhängt. Begleitet ist dieser Visum Prozess auch in Österreich mit einer Anzahl an Recherchen (in spanisch!) im Internet auf der Regierungsseite des Ministerium für Ausländerangelegenheiten in Chile, mit einem Besuch beim chilenischen Konsulat in Österreich, einem Brief in spanisch an den chilenischen Botschafter - und das Ales mit der lieben Unterstützung von spanisch sprechenden Freunden in Österreich. Mit dem Resultat, kein Resultat. Vielleicht werden die Grenzen Ende Oktober für Touristen geöffnet, Vielleicht! Diese Situation ist auf Dauer zermürbend. Mann kann gar nichts planen und ist eigentlich ständig auf dem Sprung - falls das Land öffnet, dann sind wir sofort im Abreisemodus.

Und dann, wie geht es weiter? Selbst wenn wir es schaffen nach Chile zu unserem Boot zurückzukommen, ist eine Weiterführung unserer Weltumsegelung in Coronazeiten nahezu unmöglich und immer sinnentfremdeter. Die Option das Boot dort einfach stehen lassen und bis nächstes Jahr zu warten ist keine Option, die Option über den Pazifik Richtung Französisch Polynesien zu segeln ist sehr unsicher. Die Tropensturmzeit naht heran, alle guten sturmsicheren Plätze sind mit Weltumseglerbooten überfüllt, die dieses Jahr nicht weiterfahren konnten z.B. nach Neuseeland. In Neuseeland z.B. werden Weltumsegler in Coronanagst, verhaftet, bei dem Versuch in das Land einzureisen.

Also wachsen in uns Gedanken heran, die einen völlig neuen Weg einschlagen. Eventuell zurück nach Europa, zurück in das Mittelmeer. Dort ein paar Jahre warten bis die Welt sich wieder beruhigt hat, falls dies jemals geschehen wird. Und so fühlen wir uns wie „nicht Fisch und nicht Fleisch“ Wir sind hier derzeit nicht so richtig Zuhause, und unser schwimmendes Zuhause ist weit weg und unsere Reise ist eigentlich nicht wie geplant fortzusetzten.

Schon klar: Leiden auf höchsten Niveau, aber unsere bittere Wahrheit.

Ursula JägerKommentieren