Oh Mein Gott, ich glaub ́s nicht

Habt ihr euch schon einmal gefragt, was euch kulinarisch im Ausland am meisten abgehen würde? Schnitzi, keine Frage, Schwarzbrot, Leberkässemmel... und vieles mehr würde einem da einfallen. Jeder der mich kennt, weiß ich bin eine nicht so schlechte aber vor allem kreative Köchin.

Ich habe natürlich vor unserer Abfahrt, vor nun fast 2 Jahren, sehr viele kulinarische heimische Basics eingepackt, vom Englischen Senf über Kernöl bis Powidl und vielem mehr. In der Hoffnung doch fast alles was man braucht um anständig zu kochen in Südamerika zu bekommen.

Südamerika ist groß und es gibt riesige Unterschiede. Brasilien war hierzu richtig top, wunderbare Früchte, diese Ananas, herrlich, keine Frage, jedoch beim Gemüse wurde es dann etwas schwieriger. In Uruguay hatten wir auch die Chance ein letztes Mal so richtig guten Käse und Schinken zu bunkern, wie z.B. geselchten Schinken und ein paar ausgesuchte europäischen Sachen. In Buenos Aires, man glaubt es kaum, war das Einkaufsangebot in den Geschäften eher mau, dafür gab es aber einen wunderbaren Markt im Ortsteil San Telmo - in dem wir zum Glück jeden Tag zu unserer Spanischschule fuhren. Da gab es auch eine französische Bäckerei mit herrlichen Croissants. Das ist wirklich nicht das Schlimmste, morgens vor der Spanischschule noch schnell einen „cordado“, ein kleiner Kaffe mit Milch und ein Croissant, die übrigens auf spanische medialunas - halbe Monde - heißen. Nett oder? Und natürlich rettete selbst mich - als nicht Steakesserin - das unfassbare gute argentinische Rindfleisch, auf der traditionellen Parilla gegrillt, über jedes kulinarische Verlustgefühl, denn so etwas entwickelt man im Laufe der Monate tatsächlich - obwohl ich vom Schnitzel über den Apfelstrudel bis zu Germknödel mit importiertem Mohn doch wirklich alles zaubern kann.

Und dann kamen wir nach Chile, wir müssen nun schon fast 3 Monate länger in diesem Land sein als geplant. Zu Haus warten schon die Leberkässemmeln, aber sorry, no way home. Am Ende der Welt in Puerto Williams, kam jede Woche eine Fähre mit Lebensmittel, zum Glück konnten wir dort frisches Obst und Gemüse bunkern. Fleisch gab es nur tiefgefroren und wer an gefüllte Wurst- und Käsetheken denkt, der liegt leider falsch. In den winzigen Geschäften die sich in den buntbemalten Blechhütten von Puerto Williams befanden, gab es 2 Sorten vorgeschnittenen abgepackten Käse, that ́s it. Und selbst darüber hätte man sich gefreut, denn auch der Käse war am Ende der Woche ausverkauft.

Unsere Fahrt die chilenischen Kanäle hinauf dauerte um fast 2 Monate länger als geplant und als wir dann in Puerto Eden noch auf unbestimmte Zeit festsaßen, mussten wir unsere Lebensmittelvorräte noch richtig aufstocken. Es gab Mehl, Kartoffel, Nudel, Dosenfisch und Dosenfisolen und weil wir Glück hatten noch 20 Eier und Mayonnaise. Wie auch in Puerto Williams kam einmal die Woche die Versorgungsfähre und versorgte in einem noch winzigeren Geschäft die 90 Dorfbewohnern mit Obst und Gemüse. Wieviel Gurken nimmst du wenn im Regal 6 Stück liegen? Welcher 99 jährigen Oma isst du die Gurke weg? Eine klare Antwort.

Demnach konnten wir frisches Obst und Gemüse nicht wesentlich aufstocken. Der Speiseplan veränderte sich. Viele Mehl-, Kartoffel- und Nudelspeisen und ich versuchte immer sparsamer zu werden ohne meine 3 Männer nicht unglücklich vom Tisch aufstehen zu lassen. Denn gutes Essen ist im Vergleich zu anderen Weltumseglern auf diesem Schiff wirklich wichtig. Ihr kennt uns. Es gab Kaspressknödel, Langos, Eiernockerl, Germknödel und Unmengen an selbstgebackenem Brot. Ich streckte die Tomatensauce mit Einbrenn und verwendetet eine Menge Mayonnaise. Dinge die ich zu Hause niemals verwenden würde, aber zum Glück hat die österreichische Küche viele Facetten die aus der Kriegsküche entstanden sind. Es funktioniert. Am Ende des Tages hatten wir wohl alle mind 2 kg mehr auf den Hüften.

Aber irgendwann sehnt man sich nach frischem Mozzarella mit Tomaten und Basilikum oder frischem Salat. Dies war der Augenblick als ich mit meinem floating garden begann.

Nun in Valdivia konnten wir seit 2 Monaten wieder selbst einkaufen. Der erste Tag führte uns an den Markt. Wie die kleinen Kinder zu Weihnachten freuten wir uns über Brokkoli und frischen Spinat. Aber gestern war es nahezu unfassbar. Wir fanden einen riesen Supermarkt. Es gab wirklich fast alles was das Herz begehrt. Auch Roggenbrot!! Nicht perfekt aber eine wirkliche Alternative zu ewigem Selbstgebackenem. Es gab Käse in Hülle und Fülle und es gab viele deutsche importierte Produkte, da Valdivia eine kleine deutschabstämmige Enklave in Chile ist. So fanden wir zum Beispiel Kren. Oh meine Gott! Man glaubt gar nicht wie sehr einem Kren abgehen kann, nach 2 Jahren!

Wir waren im kulinarischen siebtem Himmel und dann spielten sie in dem Supermarkt noch den Donauwalzer als Einkaufsmusik und stellt euch vor, so stark ist mein Heimweh anscheinend, kamen mir in dem bescheuerten Supermarkt die Tränen. Im Supermarkt!